Rehwild, das fast unsichtbare Wild

Veröffentlicht am 3. November 2024 um 14:05

Das Rehwild, das fast unsichtbare Wild, ist eine der am weitesten verbreiteten Wildarten Europas und beeindruckt durch seine anmutige Erscheinung und faszinierenden Lebensweisen. Als kleine, jedoch anpassungsfähige Hirschart kommt das Reh sowohl in Wäldern als auch auf Wiesen und landwirtschaftlichen Flächen vor und hat sich auch in Kulturlandschaften gut integriert. Die wichtigsten Merkmale und Verhaltensweisen des Rehwildes lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen:

1. Aussehen und körperliche Merkmale
- Rehe (Capreolus capreolus) 

sind relativ kleine und zierliche Hirschtiere. Ein ausgewachsenes Männchen, der Rehbock, wiegt ca. zwischen 15 und 25 Kilogramm, während die weiblichen Tiere, die Geißen (Ricken), etwas leichter sind.
- Charakteristisch für das Reh ist das rötlich-braune Sommerfell, das im Winter zu einem graubraunen Fell wechselt, welches besseren Schutz und Tarnung im kahlen Wald bietet.
- Der Rehbock trägt ein Geweih, das jährlich im Herbst abgeworfen und im Frühjahr neu gebildet wird. Die Geweihentwicklung und -struktur sind Ausdruck von Alter, Gesundheit und Nahrungsangebot im Lebensraum des Rehs.

2. Lebensraum und Verbreitung
- Rehe sind in fast ganz Europa beheimatet und kommen in verschiedenen Habitaten vor – von dichten Wäldern bis hin zu offenen Feldern und Parklandschaften. Ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Landschaftsformen macht sie zu einer der am häufigsten anzutreffenden Wildarten.
- Sie bevorzugen eine Umgebung mit Mischwald und offenen Lichtungen, wo sie sowohl Deckung als auch Nahrung finden können. In landwirtschaftlich genutzten Gebieten suchen sie vor allem Randzonen und Hecken als Rückzugsort auf.

3. Nahrung und Äsungsverhalten
- Rehwild ist ein sogenannter „Selektierer“, was bedeutet, dass es besonders nährstoffreiche Pflanzenteile bevorzugt. Es ernährt sich vor allem von jungen Trieben, Knospen, Kräutern, Gräsern und Blättern.
- Im Winter sind Rehe auf die wenigen verfügbaren Pflanzen beschränkt, weshalb sie in dieser Jahreszeit oft Baumrinde und Knospen als Nahrung aufnehmen. In dieser Zeit sind sie besonders auf gut strukturierte Lebensräume angewiesen, die ausreichende Nahrung und Deckung bieten.

4. Soziales Verhalten und Territorialität
- Rehe sind territorial und leben meist als Einzelgänger. Die Böcke beanspruchen eigene Reviere, die sie energisch verteidigen, vor allem zur Paarungszeit. Die Größe des Territoriums hängt dabei von der Dichte der Population und dem Nahrungsangebot ab.
- Die Ricken und ihre Kitze bilden dagegen oft kleine Familiengruppen, in denen die Jungtiere im ersten Lebensjahr von der Mutter versorgt und beschützt werden. Die Kitze werden im Frühjahr geboren und sind in den ersten Wochen durch ihre Tarnfärbung gut vor Feinden geschützt.

5. Fortpflanzung und Setzzeit
- Die Paarungszeit des Rehwildes, auch Blattzeit genannt, findet im Hochsommer statt – überwiegend im Juli und August. Während dieser Zeit suchen die Böcke intensiv nach paarungsbereiten Ricken.
- Eine Besonderheit bei Rehen ist die „Eiruhe“. Nach der Befruchtung im Sommer ruht das befruchtete Ei mehrere Monate, bevor es sich im Spätwinter weiterentwickelt. Diese Verzögerung sorgt dafür, dass die Kitze im Mai oder Juni zur Welt kommen und optimale Bedingungen für das Wachstum vorfinden.
- Die Ricken setzen meist ein bis zwei Kitze, die anfangs hilflos sind und sich durch ihr getupftes Fell tarnen. Die Mutter kehrt regelmäßig zurück, um die Kitze zu säugen und zu pflegen.

6. Feinde und natürliche Gefahren
- Zu den natürlichen Feinden des Rehwildes zählen größere Raubtiere wie Wölfe und Luchse, die in einigen europäischen Regionen wieder heimisch sind. Jungtiere sind zusätzlich auch durch Füchse gefährdet.
- Darüber hinaus spielen Krankheiten und Parasiten wie die Räude oder der Befall mit Zecken eine Rolle bei der Sterblichkeit von Rehen. Auch der Straßenverkehr stellt eine erhebliche Gefahr dar, insbesondere in Gebieten mit hohem Verkehrsaufkommen.

7. Bedeutung und Jagd
- Rehe sind nicht nur wegen ihres zarten Wildbrets begehrte Wildtiere, sondern auch ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems. Sie tragen zur Vielfalt der Vegetation bei, indem sie durch ihre Äsung das Pflanzenwachstum beeinflussen.
- Die Jagd auf Rehwild ist streng reguliert, und es gibt bestimmte Abschusspläne, um die Population auf einem gesunden Niveau zu halten. Der Rehbock wird meist im Frühling und Sommer bejagt, während Ricken und Kitze im Spätherbst und Winter entnommen werden.

8. Schutz und Management
- Obwohl Rehe weit verbreitet sind, ist es wichtig, ihren Lebensraum zu schützen und nachhaltige Jagdpraktiken anzuwenden, um die Bestände langfristig zu sichern. In vielen Regionen erfordert der Schutz des Rehwildes eine sorgfältige Balance zwischen Wildbewirtschaftung, Landwirtschaft und Naturschutz.
- Maßnahmen wie das Anlegen von Wildbrücken, die Förderung von Randbiotopen und der Schutz vor Wilderei tragen dazu bei, dass Rehe auch in Zukunft in einer gesunden Population vorkommen.

Insgesamt ist das Rehwild ein faszinierendes und anpassungsfähiges Tier, das eine wichtige Rolle in europäischen Wäldern und Kulturlandschaften spielt. Die Wildbiologie und Jagdethik fördern das Verständnis und den verantwortungsvollen Umgang mit dieser Wildart, damit das Reh auch in Zukunft als Symbol für unsere heimische Natur erhalten bleibt.

Rehbock und Rehgeiß im Haferfeld
 Kitz, Rehwild im Hochsommer
Rehbock im Sommerfeld
Rehwild Sprung im Winter
Rehbock im Spätwinter im Bast

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